Regionen - Orientierung im ländlichen Raum

01/2011
Regionen - Orientierung im ländlichen Raum

Vom 23.–25. Juni 2011 findet in der Hansestadt Rostock der 27. Ev. Kirchbautag statt. Die vielen wunderschönen Dorfkirchen, Freiraum und Hoffnungsraum im ländlichen Mecklenburg-Vorpommern, werden das Thema dieses Kirchbautages sein. Über die Zukunft dieser Dorfkirchen kann man jedoch nur sinnvoll reden, wenn man zugleich über die Zukunft der Region nachdenkt, über das Verhältnis von Zentrum und Peripherie, von Globalisierung und lokaler Autarkie, über eine ökologische Wende in der Landwirtschaft, über Landflucht und den demographischen Wandel. Ein großer konfliktreicher Strukturwandel kündigt sich in Europas Regionen an. Das zeigt sich nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern. In Bayern, dem reichsten Flächenstaat der Bundesrepublik, sorgte ein Zukunftsrat der bayerischen Landesregierung für Furore mit seinem Vorschlag, die Zentren, die im globalen Wettbewerb bestehen, zu stärken auf Kosten der Peripherie. Als Abschied von der Fläche und Verabschiedung der ländlichen Randgebiete wurde dieses Konzept in Bayern wahrgenommen.

„Kunst und Kirche“ möchte mit diesem Heft über „Regionen“ einen Beitrag liefern in der Diskussion um die künftige Entwicklung des ländlichen Raumes. Wer über die Zukunft der Region und die Zukunft des ländlichen Raumes nachdenkt, sollte nicht nur auf Unternehmensberater setzten. Es lohnt sich, auch die Kunst und Architektur ins Spiel zu bringen. Welche Kompetenzen für die Zukunftsfragen des ländlichen Raumes in Kunst und Architektur verborgen sind, lässt sich in diesem Heft entdecken. Künstler gestalten die Verständigung über Fragen des Gemeinwohls, sie aktivieren das kollektive Gedächtnis in einem Dorf, entwickeln neue Perspektiven, wo man meint, keine Perspektiven mehr zu haben. Sie beleben alte Traditionen wie das gemeinsame Essen auf der Dorfstraße als Kunstform auf Zeit, oder entwickeln neue Bautypen, wenn sich ein Ritual wandelt. Künstler arbeiten an der Schärfung der Wahrnehmung, stiften neue Ordnungen oder kultivieren die Ausdrucksvielfalt in einer Region. Die Künstler und Architekten, die in diesem Heft vorgestellt werden, verbindet ihr vorrangiges Interesse am Prozess und nicht am Objekt. Die Formgebung und Formwerdung sozialer Prozesse und die Autonomie des künstlerischen Ausdrucks sind sicher nicht deckungsgleich, aber sie sind in den Arbeiten in diesem Heft vor allem kein Gegensatz.

So ist dieses Heft eine gute Vorbereitung auf den Kirchbautag in Rostock. Auch der Kirchbautag wird in der Diskussion um die Zukunft der Regionen seinen Beitrag leisten. Warum soll man nicht auch die Dorfkirchen als eine Ressource ins Spiel bringen? Die Kirchengebäude, so lautet die Botschaft des bürgerschaftlichen Engagements zur Erhaltung der Dorfkirchen in Mecklenburg, sind Freiräume und Hoffnungsräume, die im Strukturwandel der Regionen Landmarken der Orientierung und Vorratskammern an Bildern und Geschichten bieten, die für das Überleben einer Region unverzichtbar sind.

Herzlich gedankt sei Claudia Breinl – sie hat mit vorzüglicher Recherche die Künstler und Kunstprojekte für dieses Heft entdeckt – und Peter Schüz, der sie bei der Endredaktion klug und zielstrebig unterstützt hat.

Thomas Erne, Bernhard Steger

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