Heiße Luft im Garten Eden - Konzepte und Strategien nachhaltiger Entwicklung

04/2009
Heiße Luft im Garten Eden - Konzepte und Strategien nachhaltiger Entwicklung

Ich könnte es verstehen, würden sie nach der Lektüre des Titels das Heft auch schon wieder bei Seite legen. Nachhaltigkeit? Nicht schon wieder! Alles ist mittlerweile nachhaltig: Die Forstwirtschaft, die Finanzarchitektur, das Wachstum (derzeit vielleicht nicht so sehr), die Architektur; nachhaltig: Eine Suche bei Google bringt für dieses schlichte Wort 3.980.000 Treffer. (nur zum Vergleich: „katholisch“ kommt auf lausige 1.360.000 Treffer, „evangelisch“ zumindest schon auf 2.020.000; zur Ehrenrettung muss da schon „Jesus“ persönlich ausrücken: 208.000.000 Treffer) Doch gerade weil so ziemlich alles, was irgendwie positiv besetzt werden soll, das Mäntelchen der Nachhaltigkeit umgehängt bekommt, ist bereits eine Nachhaltigkeitsmüdigkeit, genauer noch (und wienerisch ausgedrückt) eine Wurstigkeit dem Thema gegenüber festzustellen.
Doch augenscheinlich nicht bei Ihnen, geneigte Leserin, geneigter Leser, sind Sie doch zumindest bis hierher nicht ausgestiegen und deswegen darf ich Sie darauf einstimmen, was Sie auf den folgenden Seiten erwarten wird: Vor genau 20 Jahren fand in Basel die 1. Ökumenische Versammlung unter dem Titel „Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“ statt. Damit war die ökologische Frage im Zentrum des kirchlichen Establishments angekommen und konnte forthin nicht mehr so einfach als Beschäftigungstherapie weltfremder Ökofreaks abgetan werden. Warum Nachhaltigkeit auch eine theologische Frage ist, macht der Moral­theologe Michael Rosenberger im ersten Beitrag nachvollziehbar.
Doch was hilft die Rede, wenn ihr das konkrete Tun fehlt? Sind nicht viele Prediger der Nachhaltigkeit deswegen so unglaubwürdig, weil sie Wasser predigen und Wein trinken, oder, um beim Thema zu bleiben, den Müll trennen und die Abwrackprämie kassieren. Ernst Sandriesser, Sprecher der Konferenz der kirchlichen Umweltbeauftragten Österreichs, gibt Einblick in die ökologische Praxis der Kirchen.
Auch zwei Projekte sollen Ihnen vorgestellt werden: Eva Guttmann hat in Linz mit dem Architekten Michael Shamiyeh über dessen geplantes Tourismus-Projekt in Dajla/Kroatien gesprochen, und Alfons Dvorsky fuhr in die Schweiz zum Reka-Feriendorf in Urnäsch, wo ein Projekt ein ganzes Dorf verändert hat.
Nicht allzu weit von dort, jedoch bereits wieder im österreichischen Bregenzerwald, waren auch Daniela Walz und Sebastian Selbmann unterwegs. Sie untersuchten, welches Potential in der Produktion von Gütern steckt und portraitierten dafür die Holzwerkstatt Markus Faißt, die in ganz außergewöhnlicher Art und Weise einen nachhaltigen Anspruch lebt.
Im landschaftlichen Idyll des Bregenzerwaldes wäre es nahe liegend gewesen, sich auch mit dem Thema Landschaft auseinander zu setzen. Getan haben dies Tobias Baldauf, Florian Otto und Rupert Halbartschlager, jedoch in Wien bzw. München, und das hat, wie sie in ihrem Beitrag über „Landschaft als Prozess“ zeigen, auch eine gewisse Logik.
Zurück zu den gebauten Tatsachen: dass der Hebel bei der Frage von Architektur und Nachhaltigkeit primär bei den bereits bestehenden Bauten angesetzt werden muss, zeigt Eva Germann in ihrem Artikel über die „Ressource Baubestand“. Und da gerade die Kirchen in Deutschland, der Schweiz und Österreich reich an dieser Ressource sind, lohnt es sich mit Ulrich Bogenstätter der Frage nachzugehen, was denn mit „Nachhaltigkeit im Umgang mit kirchlichen Immobilien“ gemeint ist.

Bernhard Steger

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